Vom 3. bis 5. Juli fand die Tableau Conference 2018 Europe in London statt. Neben vielen spannenden Sessions, drei inspirierenden Keynotes und 1.800 Tableau-begeisterten Teilnehmern gab es in London auch den wohl bedeutendsten Visualisierungswettstreit in Europa: Iron Viz Europe.
In diesem Wettkampf bauen drei Champions, die sich zuvor in einem Auswahlverfahren qualifiziert haben, innerhalb von nur zwanzig Minuten ein zuvor designtes Dashboard. Die drei resultierenden Dashboards werden von einer Jury bewertet und ein Gewinner wird ernannt.
Der Gewinner des Iron Viz Europe 2018 ist Prof. Dr. rer. pol. Klaus Schulte, der durch eine neuartige Form der Kartendarstellung überraschte, indem er nicht die klassische geografische Form der Länder wählte, sondern jedem Land gleich große Trapeze zuwies.
Die menschliche Wahrnehmung überlisten
Moment, was? Trapeze als Karten? Wieso das denn?
Das menschliche Auge nimmt große Flächen prominenter wahr als kleine Flächen. So kommt es, dass in klassischen Kartendarstellungen kleinere Länder oft übersehen oder als weniger relevant wahrgenommen werden als große Länder.
Um dieses Defizit zu umgehen, hilft eine Abstrahierung über gleichgroße und gleichförmige Flächen. Am bekanntesten ist diese Form der Visualisierung mithilfe von Sechsecken, im Englischen besser bekannt als Hexmaps.
Dabei kann auch das „Alaska-Problem“ ausgeräumt werden. Dieses Problem bezeichnet entfernt liegende Länder oder Provinzen, die einen sehr großen Kartenausschnitt erfordern. In einer Hexmap können diese Länder näher an den Hauptteil der Karte herangezogen werden.
Und wieso nun Trapeze?
Vergangenen Sommer stand ich vor der Herausforderung, Deutschland in Sechsecken zu visualisieren. Ich probierte einige Konstellationen aus, aber jegliche Zusammenstellung von Sechsecken sah nicht annähernd nach einer Deutschlandkarte aus. Und so probierte ich andere Formen – Quadrate, Rechtecke, Dreiecke –, doch keine davon führte zu einem für mich zufriedenstellenden Ergebnis.
Andere Tableau-Anwender haben Deutschlandkarten zu ihrer Zufriedenheit erstellt. Sehen Sie hier zum Beispiel eine Hexmap-Variante von Klaus Schulte oder eine Visualisierung über Quadrate von Lukas Deibel von The Information Lab:
Wunsch nach Unabhängigkeit in deutschen Bundesländern: Klaus Schulte visualisiert die Deutschland als Hexmap.
Die etwas andere Länderauswahl: Lukas Deibel von The Information Lab stellt Deutschland als Ansammlung von Quadraten dar.
Ich war schlussendlich bei dem Ergebnis angekommen, dass eine Ansammlung von 39 Dreiecken eine Deutschland-ähnliche Form ergab.
Ich entschloss mich also dazu, jeweils drei Dreiecke zu einem Trapez zusammenzufassen und die drei Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen auszulagern. Es entstand die folgende Visualisierung, welche zum Viz of the Day ernannt wurde:
No Rest for the Wicked: Jugendkriminalität in Deutschland, visualisiert als Trapezkarte.
Klaus Schulte wurde auf diese Visualisierung aufmerksam und nutze sie als Inspiration für seine Iron-Viz-Visualisierung für Europa:
Deconstructing the Big Mac Index: Sieger des Iron Viz Europe 2018.
Und wie erstelle ich eine Trapezkarte?
Eine sehr gute Anleitung wurde von Klaus Schulte bereits auf Englisch verfasst. Dort finden Sie auch die Skizzierung seiner Europakarte, falls Sie lieber die europäischen Länder mit Trapezen visualisieren möchten.
Ich habe mein Dashboard vergangenes Jahr mithilfe von Formen erstellt. Hier erwächst jedoch die Schwierigkeit, die Größeneinstellung perfekt zu wählen, damit die Abstände zwischen den Trapezen stimmen. Daher habe ich mich für Klaus‘ Variante der Polygone entschieden, um erneut eine Deutschlandkarte aufzubauen.
Die Trapeze vorbereiten
Bereits Galileo Galilei sagte: „Wer die Geometrie begreift, vermag in dieser Welt alles zu verstehen.“ Ähnlich gilt das für Tableau: wenn Sie genau wissen, was Sie darstellen wollen, ist der Großteil der Arbeit bereits getan.
Zuallererst müssen Sie also wissen, wie Sie Ihre Formen anordnen möchten. Dazu hilft es, die Anordnung zu skizzieren. Ich habe hierfür MS Visio verwendet, aber auch PowerPoint oder ähnliche Programme eignen sich dazu. Es geht nur darum, dass Sie eine Idee entwickeln, wie die Formen zueinander und zum Raum stehen. Wenn Sie besonders gut zeichnen können, können Sie dies also auch mit Stift und Papier entwerfen.
Anschließend bestimmen Sie die Koordinaten der Eckpunkte aller Trapeze. Hierzu stellen Sie sich ein Raster unter den Trapezen vor und lesen die Koordinaten einfach ab. Da meine Trapeze auf drei gleichseitigen Dreiecken basieren, kann man sich das wie folgt vorstellen:
Mit einem Raster unterlegt sieht dies dann zum Beispiel so aus:
Nun suchen Sie sich nur noch einen Startpunkt aus und halten Ihre Koordinaten fest. Außerdem legen Sie eine Reihenfolge der Punkte fest. Bei mir sah dies in so aus:
Die Stadtstaaten habe ich in meiner Visualisierung ausgelagert und mit etwas Abstand zum Rest Deutschlands dargestellt. Hierfür habe ich Abstände von 0,2 in der Breite und 0,1 in der Höhe einberechnet.
Eine Polygonkarte erstellen
In Tableau erstellen Sie schließlich Ihre Trapezkarte in den folgenden Schritten:
- Wählen Sie als Markierung Polygon aus.
- Legen Sie Ihre X- und Y-Koordinaten in Spalten und Zeilen.
- Legen Sie Ihre Länder auf Detail.
- Wandeln Sie das Feld Ihrer Punktreihenfolge in eine Dimension um und legen Sie es anschließend auf Pfad.
- Stellen Sie unter Farbe einen Rahmen ein, um die einzelnen Formen auseinanderhalten zu können.
Von hier aus können Sie Ihre Trapezkarte beliebig weiter gestalten. Ich habe zum Beispiel Unfalldaten für Deutschland visualisiert.
[tableau url=“https://public.tableau.com/views/Trapezkarte_0/WelchesBundeslandistamgefhrlichsten?:embed=y&:display_count=yes“ width=“100%“ height=“750px“][/tableau]
Wie das menschliche Auge Größen und Formen wahrnimmt, war neu für Sie? Lernen Sie mehr über visuelle Wahrnehmung und damit verbundene Best-Practice-Ansätze in der Datenvisualisierung in unserem Dashboard-Seminar: