Sie stehen vor einem typischen Optimierungsproblem: wie kann mit möglichst wenig Aufwand möglichst großer Nutzen erreicht werden? Dies ist auf so ziemlich jedes erdenkbare Problem anwendbar. Wie kann mit begrenzten finanziellen Mitteln die Kundenzufriedenheit größtmöglich erhöht werden? Wie können in der kurzen Zeit bis zum nächsten Software-Release möglichst viele Programmabstürze beseitigt werden? Welche Teile meiner Wohnung muss ich aufräumen, um sie vor dem Überraschungsbesuch der Schwiegermutter in zwei Stunden möglichst ordentlich erscheinen zu lassen? Wir raten zu einem Pareto-Diagramm.
Was ist ein Pareto-Diagramm?
Das Pareto-Diagramm ist eines der sieben Werkzeuge der Qualität, wie sie um 1943 von Ishikawa Kaoru formuliert wurden. Es basiert auf dem Prinzip, dass 80% der Auswirkungen aus 20% der Ursachen resultieren – daher ist es weit verbreitet auch als 80-20-Regel bekannt. Seinen Namen erhielt es von dem Italiener Vilfredo Pareto, welcher feststellte, dass 80% des Vermögens in Italien im Besitz der oberen 20% der Bevölkerung lagen.
Das Pareto-Prinzip soll einer Priorisierung dienen, indem das Wesentliche vom Unbedeutenden getrennt wird. Die genauen Verhältnisse können dabei variieren. Als Hauptaussage bleibt bestehen, dass die meisten Dinge (wie der Aufwand und der Nutzen) nicht gleichverteilt sind.
Weiterhin muss 80 + 20 nicht immer gleich 100 sein. Die beiden Aspekte sind nicht Bestandteil derselben Menge. So kann beispielsweise 1% der Bevölkerung über 90% des Vermögens verfügen. Oder 20% der Mitarbeiter erledigen 100% der Arbeit, wenn die übrigen 80% nichts beitragen.
Grundsätzlich formuliert das Pareto-Prinzip den allgemeinen Trend, dass in einer Vielzahl von Faktoren einige wenige den Großteil der resultierenden Aktivität verursachen. Wichtig ist hierbei zu bemerken, dass das Pareto-Prinzip lediglich eine weit verbreitete Beobachtung ist. Es ist keinesfalls als Naturgesetz zu verstehen.
Beispiele für das Pareto-Prinzip
„Das klingt alles sehr abstrakt“, sagen Sie, und wir stimmen Ihnen vollkommen zu. Die folgenden Beispiele sollen Ihnen helfen, das Prinzip besser nachzuvollziehen:
- 20% der Autofahrer verursachen 80% der Unfälle.
- 20% der Mitarbeiter erledigen 80% der Arbeit.
- 20% der Kunden generieren 80% des Umsatzes.
- 20% der Produkte generieren 80% des Umsatzes.
- In 20% der Zeit sind 80% des Ziels zu erreichen.
- 80% der Beschwerden stammen von 20% der Kunden.
- 20% der Bevölkerung verfügen über 80% des Vermögens.
- 20% der Bugs verursachen 80% der Abstürze.
- 80% der Nutzungsdauer fällt auf 20% der Features.
- 80% der Zeit trägt man 20% seiner Schuhe.
Pareto lehrt uns: Das Leben ist nicht fair
Wieso ist nicht einfach alles gleichverteilt? In einer perfekten Welt würde jeder Mitarbeiter gleich viel Leistung erbringen, jeder Kunde gleich zufrieden sein und jeder Fehler gleich häufig auftreten. Die Planung wäre so einfach.
Wäre sie das wirklich?
Eine Ungleichverteilung kommt uns oftmals sogar entgegen. Sie erlaubt es, eine Priorisierung vorzunehmen, wodurch das Aufwand-Nutzen-Verhältnis optimiert werden kann.
Wann setze ich das Pareto-Diagramm ein?
Das Pareto-Prinzip beantwortet für Sie die Frage, wohin Sie Ihren Aufwand lenken müssen, um einen größtmöglichen Nutzen zu erzielen. Es identifiziert für Sie die Aspekte, hinter denen der höchste Mehrwert verborgen liegt.
Als eines der sieben Qualitätswerkzeuge setzen Sie das Pareto-Diagramm daher vor allem im Qualitätsmanagement ein. Damit können Sie die wichtigsten Ausprägungen einer Kategorie, wie beispielsweise Fehlerursachen oder Beschwerden, identifizieren. Grundsätzlich ist es aber für alles verwendbar, was kategorisiert werden kann.
Das Pareto-Diagramm kann auch die Konsensfindung fördern und die Konfliktresolution begünstigen. Stellen Sie sich vor, in einem großen Unternehmen gibt es in einem abteilungsübergreifenden Projekt oder Prozess immer wieder Verzögerungen. Jede Abteilung schiebt die Schuld auf eine andere Abteilung. Das Pareto-Diagramm kann hier helfen, die Fehlerursachen zu finden und einen gemeinsamen Weg festzulegen, indem die problembehafteten Prozessschritte identifiziert werden. Somit wird der Konflikt von einer womöglich irrationalen und persönlichen Ebene auf eine objektive und sachliche Ebene verschoben, auf welcher gemeinsam an der Problembehebung gearbeitet werden kann.
Wie sieht ein Pareto-Diagramm aus und wie ist es zu lesen?
Das Pareto-Diagramm ist ein Balkendiagramm, in welchem jeder Balken die Ausprägung eines kategorischen Merkmals darstellt. Dabei sind horizontal die Ausprägungen zu erfassen, die vertikal quantifiziert werden.
Die Länge der Balken zeigt an, wie diese Ausprägungen eine Kenngröße beeinflussen. Dies können beispielsweise Beschwerdeanrufe pro Kunde, Seitenaufrufe je Webseite oder Umsatz je Produkt sein. Die Balken sind hierbei absteigend sortiert, sodass linksseitig die wichtigsten Ausprägungen zu lesen sind. Darüber ist der kumulative prozentuale Anteil der Ausprägungen an dem Gesamtwert der Kenngröße als Linie gespannt.
Im Beispiel unten sehen Sie den Umsatz je Unterkategorie. Hier sind die Unterkategorien, welche kumulativ bis zu 80% des Umsatzes ausmachen, orange eingefärbt. Die übrigen Unterkategorien sind blau dargestellt. Es fällt auf, dass einige wenige Unterkategorien den Großteil des Umsatzes ausmachen und dass wesentlich mehr Unterkategorien nur wenig zum Umsatz beitragen.
Was benötige ich für mein Pareto-Diagramm?
Unabhängig von der Software, welche Sie zur Visualisierung nutzen, müssen Sie zunächst Ihr Problem definieren. Welche Fragestellung interessiert Sie? Hierbei geht es in allererster Linie um die Kennzahl, welche Sie erkunden möchten, d.h. das Resultat, dessen Ursachen Sie priorisieren wollen. Dies kann beispielsweise die Bearbeitungsdauer, die Anzahl der Beschwerden oder die Höhe des Umsatzes sein.
Im zweiten Schritt definieren Sie die möglichen Ursachen. Möchten Sie die Bearbeitungsdauer in Abhängigkeit von Prozessschritt, Sachbearbeiter oder Abteilung untersuchen? Wollen Sie die Anzahl der Beschwerden auf den Kunden, das Produkt oder die Jahreszeit zurückführen? Interessiert Sie der Zusammenhang zwischen Umsatz und Region, Quartal oder Produktkategorie?
Hier suchen Sie nach der Kategorie, deren Ausprägungen die Höhe der gewählten Kennzahl verursachen. Tableau erlaubt es Ihnen, diese Kategorie – dort Dimension – sehr einfach auszutauschen, sodass Sie innerhalb kürzester Zeit mehrere Dimensionen untersuchen können.
Sie haben noch kein Tableau Desktop, möchten aber diese Anleitung Schritt für Schritt nachvollziehen können? Laden Sie hier Ihre kostenlose Testlizenz herunter:
Wie erstelle ich ein Pareto-Diagramm in Tableau?
Für unser Beispiel nutzen wir den Superstore. Uns interessiert der Gewinn je Kunde.
- Legen Sie die gewählte Kennzahl (hier: Gewinn) in den Zeilencontainer. Tableau erstellt für Sie einen einzelnen Balken.
- Legen Sie die gewählte Dimension (in unserem Beispiel die Kundennamen) in den Spaltencontainer. Nun sehen Sie einen Balken je Ausprägung Ihrer Dimension. Die Ausprägungen sind zunächst alphabetisch sortiert.
- Sortieren Sie Ihre Dimension absteigend nach der gewählten Kennzahl. Dies können Sie über drei Wege tun:
- Klicken Sie den „absteigend sortieren“-Button in der Toolleiste.
- Schweben Sie mit der Maus über der Achse Ihrer Kennzahl, bis der „absteigend sortieren“-Button erscheint. Erscheint er nicht, klicken Sie einmal auf die Achse, woraufhin Ihnen die Sortieroptionen angezeigt werden. Sortieren Sie absteigend.
- Gehen Sie über das Kontextmenü Ihrer Dimension in die Option „Sortieren“. Dort sortieren Sie absteigend nach einem Feld. Wählen Sie unter Feld Ihre Kennzahl mit der entsprechenden Aggregation aus. Bestätigen Sie Ihre Auswahl mit „OK“.
- Ändern Sie den Markierungstyp zu Balken.
- Fügen Sie nun Ihre gewählte Kennzahl erneut ein. Dazu ziehen Sie die Kennzahl aus dem Datenbereich bis ganz an den rechten Rand Ihrer Ansicht, sodass eine gestrichelte Linie erscheint. Legen Sie die Kennzahl dort ab, um eine Doppelachse zu erzeugen.
- Ändern Sie den Markierungstyp der eben hinzugefügten Achse (hier: SUM(Gewinn) (2)) zu Linie.
- Klicken Sie im Kontextmenü der zweiten Kopie Ihrer Kennzahl im Zeilencontainer auf „Tabellenberechnung hinzufügen“. Wählen Sie als Berechnungstyp den laufenden Gesamtwert aus. Fügen Sie eine sekundäre Berechnung hinzu, indem Sie im unteren Teil des Dialogs das entsprechende Kästchen selektieren, und wählen Sie als sekundären Berechnungstyp Prozent des Gesamtwerts.
Fertig ist Ihr Pareto-Diagramm.
Das Pareto-Diagramm verfeinern
Natürlich können Sie nun viele weitere Formatierungen vornehmen, um Ihr Pareto-Diagramm optisch anzupassen. Zu empfehlen wäre es, die Balken und die darüber gespannte Linie farblich voneinander abzusetzen. Weiterhin kann es hilfreich sein, eine sinnvolle Referenzlinie wie zum Beispiel eine Konstante von 80% einzufügen. Als letzter Schritt bietet es sich an, die Tooltips zu formatieren.
Hier sehen Sie, wie ein fertiges Pareto-Diagramm aussehen könnte. Die Arbeitsmappe können Sie von Tableau Public herunterladen, um das Beispiel noch genauer nachzuvollziehen.
[tableau url=“https://public.tableau.com/views/Pareto_42/Pareto-DiagrammGewinnjeKunde?:embed=y&:display_count=yes“ width=“100%“ height=“750px“][/tableau]
Und was fange ich nun mit meinem Pareto-Diagramm an?
Ganz einfach: Sie betrachten es. Fallen Ihre Balken stark ab und verzeichnet die Linie eine sehr steile Kurve? Dann müssen Sie annehmen, dass ein Pareto-Effekt vorliegt. Als Konsequenz wissen Sie, dass Sie Ihre Optimierungsbemühungen auf diese Ausprägungen fokussieren müssen, in welchen der Pareto-Effekt am stärksten auftritt, d.h. welche sich in ihrem Einfluss auf die Auswirkung am stärksten von den übrigen Ausprägungen abheben.
Der Pareto-Effekt folgt dem Konzept des abnehmenden Grenznutzens. Dieser bezeichnet das Phänomen, dass jeder weitere Ressourcenaufwand weniger Mehrwert bietet. Daraus ist abzuleiten, dass man seinen Aufwand besser auf das wenige Wesentliche konzentriert.
Stellt sich beispielsweise heraus, dass einige wenige Mitarbeiter den Großteil der Arbeit verrichten, dann stärken Sie bei diesen Mitarbeitern die Bindung an das Unternehmen, beispielsweise durch entsprechende Belohnungen. Stellen Sie fest, dass ein Großteil der Programmabstürze auf einige wenige Bugs zurückzuführen ist, dann konzentrieren Sie Ihre Fixing-Bemühungen darauf, diese Bugs zu beheben. Erkennen Sie, dass einige wenige Kunden den Großteil Ihres Umsatzes generieren, dann fokussieren Sie Ihr Kundenzufriedenheitsmanagement auf diese Kunden.
Es gilt der Grundsatz, dass Sie anerkennen, dass ein Ungleichgewicht existiert, dieses dann mittels eines Pareto-Diagramms lokalisieren und mit Ihren folgenden Maßnahmen entsprechend adressieren.
Dank Pareto Arbeit sparen?
Das heißt nun aber keinesfalls, dass Sie nur 80% der Arbeit leisten sollten!
Sie können ein Auto vielleicht in 20% der Zeit zu 80% bauen, aber ohne Motor wird es nicht fahren. Sie können vielleicht die Unzufriedenheit unter Ihren Kunden zu 80% beheben, indem Sie 20% der sich beschwerenden Kunden zufriedenstellen, aber danach werden trotzdem noch 80% der Beschwerdesteller unzufrieden sein. Vielleicht bringen nur 20% Ihrer Produkte 80% des Umsatzes, aber wenn Sie die Produktion für die übrigen 80% der Produkte einstellen, brechen wichtige Wechselwirkungen weg. Und die Mona Lisa mag in 20% der Zeit zu 80% fertiggestellt worden sein, aber ohne die übrigen 20% der Arbeit wäre sie heute nicht das Meisterwerk, als welches wir sie kennen.
Was Sie vom Pareto-Prinzip mitnehmen sollten
Wenn Sie eine Aufwandsoptimierung suchen, dann können Sie mithilfe des Pareto-Diagramms viel Zeit sparen. Dabei müssen Sie jedoch im Kopf behalten, dass das Pareto-Prinzip lediglich eine häufige Beobachtung ist. Es ist keinesfalls ein Naturgesetz! Und wenn Sie Topqualität wünschen, dann kommen Sie nicht darum herum, die vollen 100% zu leisten.
Starten Sie jetzt voll durch und erstellen Sie Ihr eigenes Pareto-Diagramm in Tableau! Hier geht es zu Ihrer kostenlosen Testlizenz: